08-05-2015, 07:06 AM
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Das frühe Lernen von zwei Fremdsprachen mit nur zwei Wochenstunden pro Sprache ist ineffizient und führt zu einem Abbau bei andern wesentlichen Fächern. Herrschte bei den Bildungsplanern vor zehn Jahren noch Fremdspracheneuporie, so ist heute fast in allen Kantonen heftige Opposition gegen ein überfrachtetes Sprachenprogramm entstanden. Volksinitiativen mit dem Ziel, neben Hochdeutsch sei nur eine Fremdsprache in der Primarschule zu unterrichten, sollen Abhilfe schaffen.
Die treibenden Kräfte für ein besseres Sprachenkonzept sind Lehrerinnen und Lehrer der Mittelstufe. Mit Nachdruck stellen sie die Frage, ob die Primarschule nicht noch ganz andere Aufgaben habe, als allen Kindern möglichst früh drei Sprachen zu vermitteln. Kaum die Hälfte der Schüler schafft es, in beiden Fremdsprachen auf einen grünen Zweig zu kommen. Dafür weisen zu viele Schüler elementare Defizite im arg vernachlässigten Realienbereich und im Deutsch auf. Die von den grossen Zürcher Lehrerverbänden unterstützte kantonale Fremdspracheninitiative ist ein Ausdruck dieses Ringens um eine kinderfreundlichere Bildungskultur.
Die Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) aber mauert. Unterstützt von besorgten Bildungspolitikern aus der Romandie, will man unter allen Umständen am frühen Einstieg in zwei Fremdsprachen festhalten. Politisch steht die EDK vor einem Dilemma. An dem in weiten Kreisen beliebteren Englisch soll nicht gerüttelt werden. Und Französisch als Landessprache muss seinen Stellenwert behalten, indem es spätestens ab der fünften Klasse eingeführt wird. Der Frage der Effizienz des frühen Sprachenlernens und der belastenden Nebenwirkungen hingegen weicht man bei der EDK systematisch aus.
Statt das Harmos-Konkordat im Bereich der Sprachen der Realität anzupassen, wird in einzelnen Kantonen versucht, die Volksinitiativen juristisch auszuhebeln. Dies dürfte bei der klug formulierten Zürcher Initiative aber kaum gelingen. Es ist absurd, wenn die im Grundsatz richtige Idee der Bildungsharmonisierung als Bollwerk gegen vernünftige pädagogische Erkenntnisse verwendet wird und viele Kinder so die Freude am Sprachenlernen verlieren.
Mit brüskierenden Gerichtsentscheiden und der Dialogverweigerung der EDK mit den kantonalen Verbänden kommen wir nicht weiter. Die EDK hätte die Chance gehabt, mit dem neuen Lehrplan ein Sprachenkonzept mit besserer Staffelung zu schaffen. Doch man war nicht bereit, das umfangreiche Bildungsprogramm auf ein für die meisten Schüler verkraftbares Mass zu reduzieren. Es rächt sich jetzt, dass eine offene Diskussion um den Grundauftrag der Primarschule nie stattgefunden hat. Der Preis für diese bewusste Unterlassung ist ein überladenes Bildungsmenu, das als Ganzes nicht mehr richtig schmeckt.
Mit einem bildungspolitischen Flickwerk auf Kosten der Kinder wird unsere Volkschule erheblich an Qualität einbüssen. Wenn die Politik nicht selber aus der Sackgasse herausfindet, ist es Zeit, dass in der Sprachenfrage das Volk das letzte Wort hat.
Fehraltorf, 13. Juli 2015 Hanspeter Amstutz
Die treibenden Kräfte für ein besseres Sprachenkonzept sind Lehrerinnen und Lehrer der Mittelstufe. Mit Nachdruck stellen sie die Frage, ob die Primarschule nicht noch ganz andere Aufgaben habe, als allen Kindern möglichst früh drei Sprachen zu vermitteln. Kaum die Hälfte der Schüler schafft es, in beiden Fremdsprachen auf einen grünen Zweig zu kommen. Dafür weisen zu viele Schüler elementare Defizite im arg vernachlässigten Realienbereich und im Deutsch auf. Die von den grossen Zürcher Lehrerverbänden unterstützte kantonale Fremdspracheninitiative ist ein Ausdruck dieses Ringens um eine kinderfreundlichere Bildungskultur.
Die Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) aber mauert. Unterstützt von besorgten Bildungspolitikern aus der Romandie, will man unter allen Umständen am frühen Einstieg in zwei Fremdsprachen festhalten. Politisch steht die EDK vor einem Dilemma. An dem in weiten Kreisen beliebteren Englisch soll nicht gerüttelt werden. Und Französisch als Landessprache muss seinen Stellenwert behalten, indem es spätestens ab der fünften Klasse eingeführt wird. Der Frage der Effizienz des frühen Sprachenlernens und der belastenden Nebenwirkungen hingegen weicht man bei der EDK systematisch aus.
Statt das Harmos-Konkordat im Bereich der Sprachen der Realität anzupassen, wird in einzelnen Kantonen versucht, die Volksinitiativen juristisch auszuhebeln. Dies dürfte bei der klug formulierten Zürcher Initiative aber kaum gelingen. Es ist absurd, wenn die im Grundsatz richtige Idee der Bildungsharmonisierung als Bollwerk gegen vernünftige pädagogische Erkenntnisse verwendet wird und viele Kinder so die Freude am Sprachenlernen verlieren.
Mit brüskierenden Gerichtsentscheiden und der Dialogverweigerung der EDK mit den kantonalen Verbänden kommen wir nicht weiter. Die EDK hätte die Chance gehabt, mit dem neuen Lehrplan ein Sprachenkonzept mit besserer Staffelung zu schaffen. Doch man war nicht bereit, das umfangreiche Bildungsprogramm auf ein für die meisten Schüler verkraftbares Mass zu reduzieren. Es rächt sich jetzt, dass eine offene Diskussion um den Grundauftrag der Primarschule nie stattgefunden hat. Der Preis für diese bewusste Unterlassung ist ein überladenes Bildungsmenu, das als Ganzes nicht mehr richtig schmeckt.
Mit einem bildungspolitischen Flickwerk auf Kosten der Kinder wird unsere Volkschule erheblich an Qualität einbüssen. Wenn die Politik nicht selber aus der Sackgasse herausfindet, ist es Zeit, dass in der Sprachenfrage das Volk das letzte Wort hat.
Fehraltorf, 13. Juli 2015 Hanspeter Amstutz